07.10.2014
Kategorie: Unternehmensführung, Finanzen, Top-News
Von: Carsten Kaufmann

Unternehmensnachfolge – Die Uhr tickt!

Erbschafts-/Schenkungsteuer im Kreuzverhör (Handelsblatt 09.07.2014) Weniger Privilegien für Firmenerben bzw. –nachfolger (Handelsblatt 10.07.2014)


StB Dipl.-Bw. (FH) Carsten Kaufmann, www.rekapa.de


Am 08.07.2014 fand die mündliche Verhandlung zur Erbschaftsteuer vor dem Bundesverfassungsgericht statt. Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof, hat mit Beschluss vom 27.09.2012 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Regelung bei der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer im Hinblick auf die umfangreichen steuerlichen Begünstigungen für betriebliches Vermögen im Vergleich zu Privatvermögen verfassungswidrig ist. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss verschiedene Gestaltungen aufgeführt, die es den Steuerpflichtigen unter Zuhilfenahme versierter steuerlicher Berater ermöglichen, im erheblichen Maße Schenkungsteuer zu vermeiden. Hierüber hat das Bundesverfassungsgericht nun mündlich verhandelt. Die Verfassungsrichter haben eindeutig erkennen lassen, dass sie die seit 2009 geltenden Regelungen für eine ungerechtfertigte Überprivilegierung von Firmennachfolgern halten. Dies lässt nichts Gutes erwarten.

Zudem sind die Bundesländer, denen die Erbschaft- und Schenkungsteuer zusteht, dem Vernehmen nach mit dem derzeitigen Aufkommen „nicht zufrieden“. Im Rahmen der Reform aus dem Jahre 2008 kam es zu einer wesentlichen Höherbewertung von Vermögensgegenständen. In 2014 wird ein Unternehmen mit dem 14,1-fachen des in den letzten drei Jahren erzielten durchschnittlichen Unternehmensgewinnen bewertet. Wenngleich es durch diese Unternehmensbewertung zu einer massiven Höherbewertung von Vermögensgegenständen (auch im Privatvermögen und Immobilienbereich) gekommen ist, hat sich das Steueraufkommen mit rd. 4 Milliarden € pro Jahr nicht wesentlich erhöht. Die ursprünglich vom Gesetzgeber geplante Optionsverschonung von 100% stellt nach Aussagen der Finanzverwaltung derzeit den Regelfall dar. Der Fiskus geht bei solchen Übertragungen daher erst einmal leer aus.

Der Gesetzgeber arbeitet daher bereits im Hintergrund an einer entsprechenden Reform. Aus Verlautbarungen von Angehörigen der einzelnen Bundesländer wird deutlich, dass die Vergünstigungen bei Unternehmensnachfolge wohl im erheblichen Maße reduziert werden. Hier gibt es verschiedene Vorschläge der Parteien. Es zeichnet sich ab, dass der Bewertungsabschlag nennenswert, bspw. auf 30 - 40%, reduziert wird. Die Lohnsummenklausel steht im Hinblick auf ihre Praktikabilität gänzlich auf dem Prüfstand.

Die nächste Reform der Erbschafts-/und Schenkungsteuer steht wohl kurz bevor – wieder im Lichte einer großen Koalition.

Derzeit sind Übertragungen von Unternehmensvermögen noch umfangreich steuerlich begünstigt. Von dem übertragenden Betriebsvermögen werden 85% (Regelverschonung) oder auf Antrag 100% (Optionsverschonung) steuerfrei gestellt. Gekoppelt sind diese Vergünstigungen mit der Verpflichtung zur Unternehmensfortführung (5 bzw. 7 Jahre) und der Einhaltung einer Lohnsummenklausel (400% bzw. 700%).

In der Anlage fügen wir eine Beispielrechnung für ein Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gewinn von 178.000 € bei.

Wie ist nun die zeitliche Abfolge?

Voraussichtlich im IV. Quartal 2014 wird das Bundesverfassungsgericht ein Urteil verkünden. Es ist nicht wahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht die sofortige Verfassungswidrigkeit des Gesetzes feststellen wird. Bei seinen bis¬herigen Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber stets eine entsprechende Übergangszeit vorgegeben. Hiermit ist auch in diesem Falle zu rechnen, sodass dann voraussichtlich bereits in 2015 eine Neuregelung in Kraft treten könnte.

Für Ihre weiteren Überlegungen sollten Sie diese zeitlichen Vorgaben berücksichtigen und zudem beachten, dass eine gut vorbereitete, fachlich versiert beratende Unternehmensnachfolge auch ein notwendiges Zeitfenster voraussetzt. Möchten Sie in die Überlegung einer Unternehmensnachfolge einsteigen, so sollten Sie bald beginnen. Die Uhr tickt!

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