29.02.2016
Kategorie: Markt, Linienverkehr, Top-News
Von: Martin Wendlandt

Der Staat macht sich breiter

Der Wettbewerb im Verkehrsgewerbe wird schärfer. Sprecher von DB-Regio kündigen eigenwirtschaftlichen Wettbewerb auch in Stadtverkehren an und bestätigen dies mit erster »Übernahme«.



Bei Ausschreibungen gewinnen die ehemaligen Bahnbustöchter, obwohl die Privaten eigentlich Kostenvorteile haben. Im Fernbusverkehr wollen die Bahntöchter den Marktanteil vervielfachen, um die angeblichen Fahrgastverluste auszugleichen. Postbus ist einer der Großen im Fernbusmarkt und bläst zur Offensive im Reiseverkehr.

Die privaten Busunternehmer, die sich anfangs über die angekündigte Liberalisierung freuten, reiben sich überrascht die Augen. So verlieren Private z.B. in den Räumen Augsburg und Würzburg die seit Jahrzehnten betriebenen Linien an die billiger anbietenden Unternehmen mit staatlichen Eigentümern. Der bislang hochdefizitäre Stadtverkehr in Pforzheim soll demnächst eigenwirtschaftlich von der DB-Regio-Tochter betrieben werden. Nicht nur Unternehmer um Pforzheim sind in Sorge wegen der expansiven Strategie der staatlichen Unternehmen. Was kann man einem Wettbewerber entgegensetzen, der über unbegrenzte finanzielle Mittel verfügt, nicht in Insolvenz gehen kann und darüber hinaus eine quasi traditionelle Nähe zu öffentlichen Verwaltungen hat?

Die große Politik hat derzeit andere Probleme als die Sorgen von ein paar privaten Busunternehmern. Die Erodierung der Finanzen, die Flüchtlingskrise und die sich abzeichnende Auflösung der EU lassen die Politik als Flickschusterei erscheinen. Deutsche Soldaten kämpfen in anderen Erdteilen und die Aufklärungsquote von Einbrüchen beträgt nur etwas mehr als 10 Prozent.

Woher nehmen Mittelständler das, was man Optimismus nennt? Viele setzen bei der Altersversorgung auf das eigene Unternehmen. »Wenn es so weit ist, wird das Unternehmen mir eine Rente zahlen, oder ich werde die Gebäude verpachten, oder ich werde verkaufen!«  Dieser Denkweise konnte man sich in Zeiten, in denen es so etwas wie Planungssicherheit gab, anschließen. Welcher private Busunternehmer weiß denn heute, ob sein Unternehmen in 20 Jahren noch am Markt ist? Gibt es noch eigene Konzessionen? Wird die große Politik die Rahmenbedingungen so verändern, dass wir uns von der Planwirtschaft in der ehemaligen DDR nur noch durch die Digitalisierung unterscheiden? Schon vor 30 Jahren sagte der leitende Mitarbeiter eines kommunalen Unternehmens: »Die privaten Unternehmer haben einen einzigen Kostenvorteil: Sie können sich selbst und das Personal besser ausbeuten!«  Auch wenn diese Aussage falsch ist, so ist doch die Verpflichtung zur Anwendung des TV-N in Niedersachsen ein praktisches Beispiel dafür, wie man Vorteile bei den Personalkosten zunichte macht und damit Wettbewerbsvorteile beseitigt.

Unser Rat ist deshalb, für die Absicherung der finanziellen Versorgung im Alter nicht allein auf das eigene Unternehmen zu setzen. Das ist so, als wenn man sein gesamtes Kapital auf eine einzige Aktie setzen würde.