09.04.2018
Kategorie: Finanzen, Top-News
Von: Carsten Kaufmann / Martin Wendlandt

Margenabrechnung nach EuGH-Urteil nachteilig?

Zu unserem Artikel aus dem Februar haben wir den Kommentar eines branchenkundigen Steuerberaters erhalten. Diesen wollen wir hier, nur geringfügig gekürzt und erläutert, wiedergeben und kommentieren.


Die Busreiseveranstalter sind durch die Einzelmargenabrechnung quasi zur Nachkalkulation je Reise gezwungen. Das kann eine Mühe sein, die sich lohnt. (Foto: Birgit Reitz-Hofmann / Fotolia.com)

Die Busreiseveranstalter sind durch die Einzelmargenabrechnung quasi zur Nachkalkulation je Reise gezwungen. Das kann eine Mühe sein, die sich lohnt. (Foto: Birgit Reitz-Hofmann / Fotolia.com)


1. Nach unserem Verständnis ist die nicht unerwartete Entscheidung des EuGH vom 08.02.2018 stets nachteilig. Die von Ihnen aufgeworfene Argumentation ist als eine betriebswirtschaftliche Betrachtung richtig, allerdings lassen sich aber jetzt schon nach unserem Wissen durch die Softwareprogramme in jedem Fall auch Einzelreisen abbilden. Allerdings ist eine Gesamtmargenabrechnung mit der Verrechnung aller positiven und negativen Einzelmargen nicht mehr möglich. Antwort Wendlandt: Die Busreiseveranstalter sind durch die Einzelmargenabrechnung quasi zur Nachkalkulation je Reise gezwungen. Das kann eine Mühe sein, die sich lohnt. 

2. Eine exakte Margenabrechnung wie der EuGH sie fordert, ist gerade in größeren Betrieben nicht möglich, weil es immer wieder zu Korrekturen der Reisen durch Kick-backs, Service-fee etc. kommt. Diese konnten bisher in der Gesamtmarge verbucht werden. Künftig sollen diese einzelnen Reisen zugeordnet werden. Allein schon der zeitliche Verzug macht eine exakte Margenermittlung praktisch unmöglich.

3. Weiterhin führt das Urteil im B2B-Bereich, gerade Kunden die für andere Unternehmen Reisen, Events etc. organisieren, zu erheblichen Kostenbelastungen. Diese Unternehmen haben nämlich künftig keinen Vorsteuerabzug mehr und müssen auf die Marge Umsatzsteuer abführen. Der Neutralitätsgrundsatz bei der Umsatzsteuer gebietet es jedoch, auf Unternehmensebene einen Vorsteuerabzug zu gewähren. Wenn dies konsequent zu Ende gedacht wird, müsste der B2B abrechnende Unternehmer seine Marge mit Umsatzsteuer ausweisen. Der Rechnungsempfänger könnte daher seinen Profit erkennen, undenkbar und bisher in keiner mir bekannten Branche so praktiziert.

4. Völlig zu Recht stellen Sie fest, dass der Aufwand sicherlich mehr wird und die Verwaltungskosten, Beraterhonorare etc. steigen werden. Bezüglich der Ermittlung der Eigenleistung ergeben sich durch das EuGH-Urteil keine Veränderungen. Es bleibt dabei, dass es die große Kunst ist, eine entsprechende Eigenleistung, sei es auf Basis eines km-Satzes oder Tagessatzes, zu ermitteln. Unter steuerlichen Aspekten kann es sinnvoll sein, eine Eigenleistung nicht zu niedrig anzusetzen, um so zu einer evtl. Nichtbesteuerung bzw. Freistellung der anteiligen Strecken im Ausland zu kommen. Einzelne europäische Länder stellen die Personenbeförderung bekanntlich umsatzsteuerfrei. Antwort Wendlandt: Die Berechnung der Eigenleistung erfolgt betriebswirtschaftlich natürlich nach Vollkostensystem (das ist nicht die Meinung der Finanzverwaltung, in Prüfungen hinterfragt dies der Prüfer (bisher) nicht wirklich ernsthaft). Die errechneten Eigenleitungskosten für eine Reise müssen jedoch mit Km-Sätzen oder Tagessätzen nach In- und Ausland aufgeteilt werden. Den generellen Ansatz eines Kilometersatzes für alle Einzelmargenabrechnung halten wir für nachteilig.