03.06.2019
Kategorie: Unternehmensführung, Top-News
Von: Martin Wendlandt

Der Senior im Unruhestand?

Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt wirken heute leistungsfähiger als die vorhergehenden Generationen. Arbeitnehmer gehen zumeist bei Erreichen von Altersgrenzen gesund in den Ruhestand.


Finden Sie die passende Aufgabe für den Senior. (Symbolfoto: Monster Ztudio / Fotolia.com)

Finden Sie die passende Aufgabe für den Senior. (Symbolfoto: Monster Ztudio / Fotolia.com)


Der Unternehmer aber hat das Glück, selbst bestimmen zu können, wann er die Verantwortung, die Geschäftsführung und/oder das Unternehmen ganz oder teilweise abgibt.   

Das ist für den Selbständigen schön, kann aber für Nachfolger im Wartestand weniger schön sein. Dann spricht man davon, dass der Alte die Zügel nicht loslässt, der Entwicklung im Wege steht, usw. In der Beratungspraxis trifft man auf kuriose Verhältnisse, z.B. wenn der Junior selbst in einem Alter ist, in dem er seine Nachfolge regeln sollte.

Allerdings gibt es nicht so selten die Fälle, in denen die Nachfolge vollzogen ist, der Junior alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter ist, der Alte aber weiterhin den Mitarbeitern und Geschäftspartnern gegenüber so tut, als wäre er der Chef. Im Extremfall kauft er Fahrzeuge, entlässt Mitarbeiter usw. Auch wenn die Rechtswirksamkeit solchen Handelns auf einem anderen Blatt Papier steht, so gilt es, vielleicht mit externer Unterstützung, die Verhältnisse zurecht zu rücken.

Am häufigsten ist aber die Situation, dass der Senior im Unruhestand und gleichzeitig stolz auf seinen Nachfolger ist, trotzdem aber noch etwas tun will, vielleicht sogar soll.

Nachdem für den Senior das operative Geschäft zu zeitaufwendig und aufreibend ist, wird das Tätigkeitsfeld häufig neu zugeschnitten. Eine beliebte Variante ist, dass der Senior die Zuständigkeit für den Einkauf von Fahrzeugen und anderen Anlagegütern übernimmt. Häufig wird er auch mit dem Einkauf von Kraftstoff, Ersatzteilen und anderen technischen Betriebsmitteln betraut, manchmal auch mit dem Einkauf von Versicherungen. Das sind schließlich alles wichtige Bereiche, die mit Geld und Verhandlungen zu tun haben, aber dem Senior gleichzeitig auch Erfolgserlebnisse bringen.

So hart, wie sich der Verkehrsmarkt heute darstellt, so hart sind andere Märkte schon lange. Der Verdrängungswettbewerb auf der Anbieterseite, begleitet von einem starken Konzentrationsprozess, eröffnet dem geschickten Einkäufer starken Einfluss auf die Betriebskosten. Auch das Internet und die durch es ermöglichte Transparenz wirken sich positiv aus, ebenso moderne Liefermethoden. Der Einkauf ist folglich eine Aufgabe für einen nervenstarken und geschickten, entsprechend geschulten Mitarbeiter, zumindest in größeren Unternehmen. 

Anders gesagt: Der Einkauf ist normalerweise kein Betätigungsfeld für einen Senior. Die Verkäuferseite ist jung, geschult und legt oft nicht viel Wert auf gewachsene Geschäftsbeziehungen oder Lieferantentreue.

Welche Aufgabe soll der Senior aber übernehmen? Das hängt vom Einzelfall ab. Wir als Berater jedoch stoßen immer wieder auf »eingezäunte« Bereiche im Unternehmen, an denen nicht gerührt werden darf, weil diese dem Senior zustehen. Meist handelt es sich dabei um genau jene Zonen, in denen Geld verbrannt wird.

In jedem Unternehmen gibt es wichtige Repräsentationsverpflichtungen, seien es Veranstaltungen von öffentlicher Seite, von Verbänden, Kammern und Behörden, seien es Kundenbesuche (bei wichtigsten Kunden aber bitte immer gemeinsam mit einem operativen Leiter). Auch Mitarbeiterjubiläen und Verabschiedungen oder die Begrüßung wichtiger Gäste bieten sich an. Die Präsenz des früheren Chefs bei wichtigen Anlässen wird allgemein geschätzt. Auch wenn der Senior nicht offiziell redet, zeigt seine Anwesenheit dennoch sein Einverständnis mit der neuen Führung an. Was gleichzeitig Sprüche wie: »Früher war alles besser« oder: »Beim alten Chef hätte es das nicht gegeben« eindämmt. Diese Sprüche schaden. Finden Sie also die passende Aufgabe für den Senior!