14.09.2020
Kategorie: Linienverkehr, Top-News
Von: Hagen Wendlandt

Personennahverkehr im kommenden Jahr

Vorab, er handelt sich nachfolgend um ein äußerst schwieriges Thema, weil kein Mensch weiß, wie sich die Pandemie entwickeln wird. Schläft diese ein, gibt es wirksame Impfstoffe? Die nachfolgenden Ausführungen sind deshalb Einschätzungen zur Situation, wie sich diese derzeit darstellt. Schon in kurzer Zeit kann die Einschätzung anders aussehen, positiv oder negativ.


Wie entwickelt sich die Pandemie weiter und wie wird das Jahr 2021 für den ÖPNV? (Foto: Gerd Altmann / Pixabay.com)

Wie entwickelt sich die Pandemie weiter und wie wird das Jahr 2021 für den ÖPNV? (Foto: Gerd Altmann / Pixabay.com)


Die Finanzierung der öffentlichen Personenbeförderung für 2021 ist aus vielerlei Hinsicht ungeklärt. Sinkende Fahrgeldeinnahmen aufgrund weniger Fahrgästen, zurückgegebene Monatskarten, parallel hierzu niedrigere Zahlungen nach §45a PBefG und weniger Ausgleich gemäß SGB IX. Neben weniger Nachfrage, weil so mancher auf andere Verkehrsmittel ausweicht, kommen Angebotsrestriktionen wie Abstandsregeln und Maskenpflicht hinzu.

Staatliche Hilfen gibt es immer nur bis zu einem gewissen Punkt. Öffentliche Mittel sind für gewöhnlich zeitlich befristet und bergen Zugangsbegrenzungen wie einen maximalen Auszahlungsbetrag oder bspw. eine Fremdkapitalquote. Es wird kaum gelingen, Unterstützungsgelder genauso zu verteilen, dass wegbrechende Erlöse exakt kompensiert werden. Zu aufwändig ist es, jeden Einzelfall im Detail zu prüfen. Vielmehr gibt es generell geltende Mechanismen, nach denen Mittel verteilt werden. Es entsteht ein Wettbewerb um Ausgleichszahlungen, weniger um Fahrgäste.

Vom Konzessionsinhaber bis hin zum Subunternehmer werden Nahverkehrsunternehmen die Finanzierungslücke, welche vor Corona ohnehin schon groß genug war, voraussichtlich zu spüren bekommen. Einen Ausgleich für niedrigere Ausgleichszahlungen dürfte es kaum geben. Und falls doch, sind diese neu definierten Zahlungen zur Erhaltung der Eigenwirtschaftlichkeit auf Anhieb möglicherweise nicht anrechenbar.

Erschwerend kommt hinzu, dass es in Deutschland sowohl auf Landesebene als auch bei den Landkreisen einen Flickenteppich an individuellen Regelungen und Lösungen gibt. Vor Ort mit dem Aufgabenträger ausgelotete Wege zur Klärung anstehender Problemstellungen müssen nicht unbedingt verkehrt sein. Jedoch wissen viele Verkehrsunternehmer vor dem Hintergrund schwindender Umsätze bereits heute nicht mehr ein noch aus. Wie soll unter solchen Umständen ein kühler Kopf für das kommende Jahr bewahrt werden?

Noch nicht einmal Subunternehmer oder Inhaber von Bruttoverträgen können absolut sicher sein, dass in Zukunft keine Verkehrsleistungen oder Gelder gestrichen werden, die Politik den ÖPNV in der Fläche opfert. Denn wo weniger Geld reinkommt, da wird es schwierig Verträge so einzuhalten, wie sie einmal ausgehandelt wurden. Dagegen steht, dass der ländliche Raum gestärkt werden soll, als Daseinsvorsorge und zur Entlastung der Innenstädte.

Kümmern Sie sich bereits jetzt um die Frage, wie es in 2021 im Szenario sinkender Erlöse weitergeht. In Planungen im Linienverkehr sollten die Erfahrungen mit Corona komplett einfließen. Auch ohne zweiten Shutdown, sondern mit einem »lediglich« um 5% sinkenden Umsatz aufgrund von Nachwirkungen der Pandemie, kann es mit Rentabilität und Kapitaldienstfähigkeit eng werden. Am Gespräch mit Aufgabenträger, Auftraggeber oder Bezirksregierung dürfte kein Weg vorbeiführen. Denkbarerweise gelingt es nicht, bspw. hinsichtlich der allgemeinen Vorschrift, konkrete finanzielle Zusagen auszuhandeln. Oftmals können aber Bedingungen wie »die Vergütungsanpassung erfolgt erst ab 4% Zubestellungen« oder »der Preismechanismus wird erst bei 20% Minderleistung angepasst« zu Ihren Gunsten modifiziert werden. Weiterhin sollte ein expliziter Paragraph zum Thema Corona (erneuter Shutdown) und dem einhergehenden Recht zur Nachverhandlung mit aufgenommen werden.

Einstweilen dürften wegen der Corona-Abstandsregeln keine Leistungen gekürzt werden. Im Gegenteil, es werden flächendeckend Verstärkerfahrten im Schülerverkehr bestellt. Hier bieten sich für Linien- und Reiseunternehmen Umsatzchancen.